Montag, 5. September 2011

Ein Kräuterfraala schockiert die Welt - zumindest die Bekannten

Kornelkirsche

Da habe ich was angerichtet. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen.
Man muss sich vorstellen:
Traumhaftes Wetter, Geburtstagsfeier bei lieben Freunden im Garten und was macht ein Kräuterfraala in fremden Gärten? Richtig! Sie schaut nach Kräutern, Sträuchern und nach allem was "kreucht und fleucht".
Solche Kräuterfraalas sind aber auch wirklich unmöglich! Da fliegen Wespen, doch statt sie zu erschlagen, dreht und wendet das Fraala die Tasse, um zu erkennen, was für eine Wespenart zu Besuch kommt. Ein markerschütternder Schrei! Es wird ins Haus gerannt. Der erste Anflug des schlechten Gewissens. Hat vielleicht eine Wespe zugestochen? Bin ich mit meiner Tierliebe im fremden Garten zu weit gegangen?
Kurz darauf - Aufatmen meinerseits! Nur eine wunderschöne Königslibelle hat einen Gast erschreckt mit dem Flügel-summ-und-brumm-Geräusch. 

Ich lief durch den Garten und konnte einen Freudenschrei nicht unterdrücken! Kornelkirschen! Ein wunderschöner Strauch mit vielen überreifen Kirschen. Also pflückte ich mir zwei Hände voll - meine Kinder waren natürlich schon nach dem ersten Jubelschrei an meiner Seite.

Ich ließ meine Kinder kosten. Sie waren begeistert. Dem Gastgeberkind wollte ich auch welche anbieten, aber ich habe nicht mit dem Tumult gerechnet, der ausbrach.
Plötzlich schrie es vielfach aus den Kehlen: "NICHT ESSEN!!! Die sind giftig!" Einer rief, dass es Tollkirschen seien (Tollkirschen sind schwarz und wachsen anders). Sie waren schockiert und ich denke, einige auch über mich im Moment sehr verärgert.
Was ich nicht wusste, sie haben ihrem Kind (5) erklärt, dass alle Beeren im Garten giftig seien. Sie kannten die Sträucher auch nicht, es pflanzte sie damals der Vorbesitzer. Jetzt kam ein Kräuerfraala daher - voller Begeisterung - steckte freudestrahlend eine Kirsche nach der anderen in den Mund, teilte diesen Genuss mit ihren Kindern und bot auch noch dem Gastgeberkind eine "giftige" Frucht an. Erinnert ein bischen an Schneewittchen - als die Königin ihr den vergifteten Apfel anbot, oder?
Kornelkirschen mit Blättern
Auweija!

Ich wollte doch keine Panik auslösen oder Probleme verursachen! Ich habe mich nur so gefreut, Kornelkirschen zu finden, denn sie wachsen im Frankenwald noch viel zu selten. Mein Strauch wird von den Vögeln abgeleert, sobald Früchte rot werden; der Strauch trägt auch noch nicht so reichlich.
In dem Garten unserer Freunde wachsen allerdings wirklich fast nur Ziergehölze, die nichs für Kinder sind. Unter einigen ungiftigen Gehölzen auch Eiben, Pfaffenhütchen, Liguster, Forsythie, Stechpalme und ein Strauch, den ich nicht bestimmen konnte. Für mich verständlich, wenn das Kind keine Beeren essen soll. Im Garten nicht und auch nicht anderswo. Sie kennen sich nicht aus und wollen kein Risiko eingehen.
Ich selber esse auch nur das, was ich wirklich kenne und meinen Kindern würde ich niemals Unbekanntes oder Giftiges anbieten. Mit dem (jetzigen) Hintergrundwissen verstehe ich natürlich die Aufregung. Man pflückte deshalb zur Sicherheit nach der Aufregung noch viele Beeren von den Sträuchern ab und warf sie über den Zaun, damit das Kind jetzt nicht wegen mir auf dumme Gedanken kommt und anfängt die Beeren durchzuprobieren. Das Kind ist klug, aber man kann ja nie wissen.
Die Kornelkirsche ist ein Hartriegelgewächs, das kann man an den Blättern erkennen.
Was allerdings erneut für Unruhe sorgte... meine kleine Tochter begann über Bauchweh zu klagen! Sie war sehr blass und wollte sich hinlegen. Man sah es in den Gesichtern geschrieben, auch wenn keiner etwas sagte: "Die hat eine Vergiftung!"
Meine Große ohne Mitgefühl: "Die braucht jetzt nicht zu jammern! Sie hat die halbe Packung Colafläschchen alleine gegessen, da wird`s jedem schlecht!"

Kurz und gut, wir sind alle gesund geblieben. Keine Rauschzustände, kein Erbrechen, keine Ausfallerscheinungen. Ich werde mich allerdings das nächste Mal zügeln und vorher fragen, ob ich naschen darf - heimlich. Vielleicht frage ich, ob ich eine Schüssel bekomme. Dann werde ich den Strauch von seiner gesamten Last befreien und glücksstrahlend zu Hause die Kornelkirschen verarbeiten. Ich lebe anders mit und in der Natur und ich muss wirklich besser aufpassen, andere nicht zu überfordern.  Sicherlich werde ich aber auch da ein schlechtes Gewissen haben. Ich esse ihnen schließlich dann eine wohlschmeckende Kostbarkeit weg.

5 Kommentare:

  1. ...aahhh, durch deinen post bin ich wieder etwas schlauer geworden. irgendwie kommen mir die bätter bekannt vor, aber hab ich die früchte schon mal gesehen??? glaube doch nicht. was macht man denn da schönes daraus??? und wie sieht der kern oder das innere aus? hat das schon was mit "kirschen" zu tun? den namen kenne ich. und die inhaltsstoffe??? irgendwie ne heilwirkung? immer buschartig oder auch baumartig? und so hoch etwa wie ein holunder?
    ich seh schon...wir müssen doch mal irgendwann zusammen kochen und essen-schade, dass du nicht bei uns um die ecke wohnst!
    lg
    lisanne
    art-of-lisanne.blogspot

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  2. Muss man deswegen ein schlechtes Gewissen haben?
    Ich denke mal nicht, schließlich ist es doch quasi die Aufgabe einer Kräuterfraala, den Leuten die Augen zu öffnen, oder etwa nicht? :-D
    Heute verschließen viel zu viele die Augen vor dem, was uns die Natur so bietet und vieles wird als giftig verschrienen. Siehe die Vogelbeere, ja im ungekochten Zustand ist sie nicht gerade Magenfreundlich, wenn man aber den ersten Frost abwartet und sie dann auch kocht lässt sich eine lecker Marmelade daraus machen deren hoher Vitamin C Gehalt auch sehr wertvoll ist. Das sollten die Eltern auch ihren Kindern beibringen statt alles als giftig zu bezeichnen. Ein Erlebnis für die ganze Familie, die so manche Stunde vor dem Verdummungsapparat Fernseher ersparen würde und die viel Spaß bringt und auch das Zusammengehörigkeitsgefühl fördert. Aber Marmelade aus dem Supermarkt ist ja viel einfacher, Schade.

    Also nicht Schocken lassen und weiter durch :-D

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  3. Aah, wunderbar deine Geschichte!
    Ähnlich gehts mir auch, wenn ich Bekannten etwas über manche Pflanzen erzähle und dann ungläubige Blicke ernte.
    Nur leider lassen sich einige Menschen auch gar nicht belehren und verharren in ihrem Starrsinn.
    Solln sie doch.
    Wir wissen, was uns die Natur herrliches bietet.

    Auch ich habe vor 3 Jahren, als wir unser Haus bezogen eine Kornelkirsche gepflanzt. Allerdings ist sie noch klein und hat noch nicht getragen. Sie steht neben einem Holunder, der uns aber dieses Jahr reichlich mit Gelee, Saft und Likör beschenkt hat.

    Ich werd dich wohl öfter mal besuchen hier :-)

    Liebe Grüße von einer gebürtigen Bayreutherin, die jetzt aber in Niederbayern lebt,
    Susi

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  4. Sehr schön und aufschlussreich deine Geschichte. Ich selbst bin ja nun nicht sonderlich wissend was solche DInge betrifft, aber mein Mann ist Gärtner und kennt sich da viel besser aus. Obgleich auch Gärtner nicht gleich Gärtner ist, da gibt es ja auch Unterschiede und mein Mann ist ehr im Blumen und Landschaftsbau angesiedelt. Nun gut, also mir ging es mal ähnlich mit der Felsenbirne. Daraus kann man köstlichsten Gelee zubereiten, aber da glauben auch viele das sei giftig.


    LG Gisela

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  5. Erinnert mich an einen Waldtag mit der Schule in der 5. oder 6. Klasse. Ich habe einen mir bekannten Pilz gefunden und gemampft. Der Lehrer ist fast in Ohnmacht gefallen.

    Kann ich rückblickend aber auch verstehen, schließlich konnte er ja nicht wissen, dass ich mich hinreichend auskannte, außerdem hätten andere Kinder auf dumme Gedanken kommen und irgendwelche Pilze essen können.

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