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Sonntag, 30. August 2015

Sternenfreude

 Mit freundlicher Genehmigung  von Daniel Förtsch.  Der Pferdekopf im roten
Bereich besteht aus Staub  und diesen Staub bezeichnet man als Dunkelnebel.
Der helle Stern ist im Sternbild Orion der linke Gürtelstern.

War das herrlich! Ein kurzer Anruf und meine Antwort: "JA, sehr gerne! Klar komme ich!" Ich hatte Zeit und ich freute mich wie ein Schneehase! Falls die Kinder Lust hätten, könnten sie auch gerne mitkommen. Kurze Nachfrage bei den Kindern und schon war im Haus helle Aufregung und flinkes Gewusel.

Vorausgehend war vorher ein Abend, an dem ein sympathischer, junger Herr und ich uns intensiv über Sonnen- und Mondphänomene unterhalten haben. Er ist Hobbyastronom und mit einem sehr umfassenden Wissen gesegnet. Während ich zwar begeistert, aber mit viel Unwissen zum Himmel hochschaue, kennt er sich dort aus wie ein Beduine in der Wüste. Während ich dann laienhaft versuche, manches von den mit den Augen am Himmel sichtbaren, wundersamen Ereignissen in einem Bild festzuhalten und jedesmal enttäuscht bin, verzaubern seine Bilder mit einer gestochen sauberen Auflösung und genialer Farbbrillianz. Die (von mir verkleinerten und mit seinem Namen versehenen) Bilder, die ihr hier seht, darf ich mit seiner Genehmigung euch zeigen. Die Astrofotos wurden übrigens mit einer digitalen Spiegelreflexkamera durch Langzeitbelichtung aufgenommen. Als Objektiv wurde dabei ein 8"-Newtonteleskop bei 920mm Brennweite verwendet. Die Bildrechte liegen natürlich bei ihm und müssen deshalb be- und geachtet werden.

Die Plejaden. Einzigartig im Teleskop zu betrachten und im Winterhalbjahr
sichtbar. Sie waren wichtig für Seefahrer, Landwirte und Kräuterkundige.

Wir verblieben, dass er mich spontan anrufen würde, wenn er mal wieder sein Teleskop aufbaut und er hielt Wort. Ich fuhr also mit meinen Kindern und einer ihrer Freundinnen zu dem vereinbarten Treffpunkt. Der lag etwas außerhalb unseres Dorfes. Man muss dazu bei uns nicht weit fahren; Einfach nur den Berg hoch und schon ist man auf einer Anhöhe, auf der man weit hinab in das Tal und auf das hübsche Dorf blicken kann. Er hatte schon alles aufgebaut. Ein ca. 1,50 m großes Teleskop erwartete uns! Kein kleines Fernrohr, sondern ein richtig eindrucksvolles Profigerät. Er erklärte, dass dies ein Dobson-Teleskop mit einem 30cm Spiegel ist.

Kaum angekommen, zeigte er mir im Teleskop den Gürtel des Orion und den dazugehörigen Orionnebel und ich war einfach nur fassungslos begeistert von dem Anblick, der sich mir bot. Die kleinen weißen Punkte waren plötzlich strahlend große Lichter und der weiß-bläuliche Nebel zeigte sich in seiner filigranen Schönheit. Überwältigend!

Dieser ehrfürchtig machende Anblick wurde alsbald von den staunenden Kindern genutzt, Daniel mit Fragen zu bombardieren. Er stellte sich schmunzelnd der einprasselnden Wörterflut. Bewundernswert, wie er Frage um Frage konzentriert und sachkundig beantwortete. Dabei kam er kaum zum Luftholen, denn seine Atempause wurde schon genutzt, um ihm neue Fragen zu stellen.

Daniel erklärte: Rot ist Emissionsnebel, der kleine blaue Nebel reflektiert
das Sternlicht und ist somit ein Reflexionsnebel.


Was ist das für ein Stern, der so hell leuchtet?
Wie unterscheidet man einen Stern von einem Planeten?
Warum bewegen sich die Planeten im Teleskop?
Wie kann man sich am Himmel orientieren, wenn sich doch die Planeten in der Nacht bewegen?
Es gibt doch Gasplaneten?
Die sind aber nicht "gasig", oder? Die wären ja dann im Teleskop nicht rund zu sehen, sondern schattig, stimmt`s?
Würde man zu einem Gasplaneten kommen...könnte man dort überhaupt landen?
Im Weltraum ist es doch kalt. Wie kalt ist es denn dort?
Wenn es im Weltraum kalt ist, aber ein Stern oder Planet so heiß ... entsteht da eigentlich irgendwo Wasserdampf?
Wenn man zu einem Gasplaneten kommt, ist durch die Kälte das Gas fest oder flüssig?
Kann ein Gasplanet heiß sein und brennt er dann?
Ist das Gas eigentlich giftig?
Woher wissen denn die Wissenschaftler, was für ein Gas vorhanden ist?
Würde man eigentlich durch einen Gasplaneten hindurch fallen können?
Wo würde man denn überhaupt landen, die haben ja irgendwie trotzdem eine Anziehungskraft?
Haben alle Himmelskörper Anziehungskraft?
Warum sind die Fotos vom Weltall bunt, die Farben sieht man doch von hier aus gar nicht?
Wieso sehen die heißeren Sterne blau aus und die kälteren rot, wir sagen doch rot ist eine warme Farbe und blau eine kalte?
Drehen sich  Planeten und Monde alle in die gleiche Richtung und was gibt eigentlich die Drehrichtung vor?
Da oben ist doch keine Luft, die die Planeten anpustet, warum bewegen sich dann die Planeten?
Ist da oben eine Ordnung oder eher alles Durcheinander?

 Der Flammennebel links unten ist ein faszinierendes Gemisch aus allen
Nebelarten.
Das sind nur ein paar wenige Fragen, an die ich mich erinnere. Besonders schwarze Löcher und rote Riesen waren über eine lange Zeit Gesprächsthema. Auch das machte diese Nacht für mich überaus kostbar. Da stehen Kinder zwischen neun und elf Jahren übersprudelnd mit Fragen, völlig begeistert und bewundernd da und haben das Glück, einen der sehr seltenen Menschen zu begegnen, die sich wirklich zu 100 % Zeit nehmen, auch den völlig verrückten Fragen ernsthaft zu begegnen und diese dann kindgerecht zu beantworten. Diese Gabe ist ein Geschenk! Manche Gedankengänge wurden einfach gemeinsam humorvoll weiter gesponnen und so verging die Zeit wie im Flug.

Zum Vergleich meine klägliche Aufnahme von Venus (links) und Mars (rechts) 

Jedesmal wenn ein neues Objekt am Himmel durch Daniel im Teleskop sichtbar gemacht wurde, sprudelten vielfältigste Fragen zu Raum, Zeit, Geschichte und Naturwissenschaft in die Nacht hinein. So sollte es sein! Ich genoss es. Es war empfindlich kalt und die Kinder gingen deshalb ein wenig eher als ich nach Hause, übervoll mit neuen Erkenntnissen und Eindrücken. Mir blieb noch etwas Zeit. Diese Kugelsternhaufen zu betrachten war eindrucksvoll. Man kann sich einfach nicht vorstellen, wie viele Sterne am Himmel  existieren und was für eine Leuchtkraft sie besitzen.

Der 1784 erstmalig entdeckte Weihnachtsbaum-Sternhaufen.

Die Plejaden, das Siebengestirn, haben es mir angetan. Mir gefällt das australische Wort der Ureinwohner für diese Sternengruppe: "Kungkarungkara" - die Ahnin. Als Kräuterfraala weiß ich, dass Menschen in früheren Zeiten manche Sammelzeiten nicht nur nach dem Mond, sondern auch nach den Sternbildern richteten. Sie wussten, wenn diese Sterne am Himmel zu sehen sind, dann zog sich die Natur zurück und es wurde Herbst. Die Plejaden erscheinen bei uns im September und wenn sie am Himmel mit dem bloßen Auge sichtbar sind, dann kann man heilkräftige Wurzeln graben. Ziehen sie sich dann im März zurück, sprießen die Kräuter aus dem Boden und die Wurzeln verlieren an Kraft.

Auch für Wetterorakel wurde das Gestirn genutzt. Wirkten die Plejaden im März eher klein am Himmel, wurden Missernten befürchtet. Wenn allerdings Schleierwolken die Sterne verdeckten, befürchtete man einen verregneten Sommer. Konnte man aber am Ende der Winterzeit mehr als sieben Sterne mit bloßem Auge erkennen, erwartete man einen trockenen Sommer.

Tagelang redeten wir noch von diesem schönen nächtlichen Ausflug in das Weltall und ich durfte mittlerweile sämtliche Bücher zum Thema Weltall, Planeten, Sterne und Sternbilder anschaffen. In der Schule machten sie das Erlebnis zum Thema. Die Kinder haben Feuer gefangen und wollten/wollen mehr wissen. Sie brachten es aber auf den Punkt: "Mama, kein Buch kann es so toll wie Daniel erklären!" Dem kann ich mich nur anschließen. Wir können nur sagen:

Vielen herzlichen Dank für die unvergesslich tollen Stunden!

2.500 Lichtjahre entfernt  ist der Sternhaufen im Sternbild Einhorn zu sehen. 

 22.2.2015