5.Juli
Der Spatz hatte die Nacht überstanden. Ab 5.00 Uhr begann die Fütterungszeit und alle halbe bis dreiviertel Stunde wurde bis in die Nacht hinein gefüttert. Vogeleltern füttern bis zum Sonnenuntergang und in der Nacht haben Jungvögel auch Ruhe und werden nicht gestört. Aber ich zog die Fütterungszeit bis 22.00 Uhr hinaus. In der freien Natur füttern Vogeleltern ihre Jungen ab Sonnenaufgang, sooo pünktlich musste ich dann doch nicht sein.
Der Spatz war von der Kopfbefiederung her ein Hausspatz, denn bei Feldspatzen ist das Köpfchen richtig erdbraun. Gierig bettelte er und forderte sein Futter ein. Die Augen ließ er geschlossen. So ab dem achten Tag öffnen sich normalerweise die Augen. Sobald ich mich allerdings dem Nest näherte und er den Schatten spürte, fing er lautstark an zu piepsen und reckte seinen nackten, dürren, klapprigen Hals empor. Der wackelige Kopf mit weit geöffnetem Schnabel wirkte viel zu groß für diesen Hals.
Etwas, worüber meine Kinder sich königlich amüsieren konnten, geschah prinzipiell bevor er die zweite Ladung Futter verschlang. Mit viel Anstrengung wurde sich gedreht. Ein noch nacktes Hinterteil mit kurzen Schwanzfederchen wurde mir entgegengestreckt und mühsam rückwärts dem Nestrand hochgekrakelt. Dann ein kurzer Stopp. Mit einem feuchten kurzen "Pfftt" hatte ich direkt vor mir einen weißglibbrigen Kotbeutel liegen. Schwupps, schon war der Spatz wieder im Nest und forderte ungeduldig sein Futter.
So sieht frischer gesunder Nestlingskot aus. Durchfall, Grünfärbung o. ä. weisen auf Krankheit hin |
Bei Nestlingen ist der Kot noch von einer Haut überzogen. Das Weiße ist der Urin und das braun-schwarze Würstchen der Kot. Die Jungtiere koten zum Nestrand hin und die Eltern tragen das Päckchen weg. So wird kein Fress-feind, aber auch keine Fliegen durch den Geruch angezogen und das Gefieder verklebt nicht.
Alter Nestlingskot lässt sich leicht entfernen und macht keine Flecken. |
Apropos Nest. Auch wenn ein mit Küchenpapier oder Tuch ausgelegtes Nest hygienischer wirkt und schön sauber aussieht. Man sollte Nestlingen am besten ein Naturnest aus Moos (trocken) bauen oder z.B. einen napfförmig drapierten alten Strumpf/ altes Tuch als Unterlage anbieten. Wenn man Vögel auf geraden, flachen Untergrund in einer Schachtel bettet, führt dies zu Fehlstellungen der Beine und Zehen, was verheerend für das Leben in Freiheit ist. Sie greifen schon im Nest (siehe rückwärts hoch Krabbeln um zu koten) und trainieren dabei das Zusammenziehen und lösen ihrer Zehenmuskulatur. Auf einer geraden Fläche bleiben die Zehen immer ausgestreckt und durch die Krallen werden sie nach oben überstreckt. Das macht Probleme, wenn sie dann einen Zweig umfassen sollen um dort Halt zu finden.
Diese kleine Schachtel stelle ich übrigens in einen großen Meerschweinchenkäfig. Dieser ist auch schon mit Moos, Zewa, Naturkork, Ästen und Sandschüssel bestückt. Wenn sich der Kleine vom Nestling zum Astling entwickelt, oder aus dem Nest klettert, kann er durch die unterschiedlichen Materialien die Füßchen trainieren und es sich an einem anderen Ort innerhalb des Käfigs bequem machen. Auch darf geflattert werden. Ein Vogelkäfig sollte mehr breit als hoch sein. Vögel fliegen schließlich nicht wie Raketen, sondern eher wie Flugzeuge. Da ich bei diesem Model darauf achtete, dass kein Gitter an den Seiten ist, stößt er sich auch keine Federn ab. Die Katzen könnten auch nicht angeln und ihn verletzen, falls mal eine Tür nicht ganz geschlossen sein sollte. Ich muss zudem keine Angst haben, dass er mir irgendwo entwischt, denn ich kann zur Not auch von oben füttern. Dort sind ein Schiebegitter und zwei Türen vorhanden.
Dieses Quartier für die Zeit vom Nestling bis zum Astling ist 75 cm x 45 x groß Links hinten im Eck ist ein kleiner Feldspatz zu sehen. Das war Herkules. |
Hallo Carola,
AntwortenLöschenbei uns heißen sie in dieser Entwicklungsstufe immer " Breitmaulspatzen"*grins*.
Toll, wie du dich um den kleinen Flattermann kümmerst :)
glg Basti
Wenn ich all' das hier lese, dann finde ich es umso tragischer, dass eine junge 'fast fertige' Amsel im Garten meiner Mutter binnen weniger Minuten in der Mittagshitze unter einem Strauch gestorben ist. Ob sie von ihren Eltern nicht mehr gefüttert wurde oder trotz Vogeltränke auf dem Rasen kein Wasser fand? Verletzungen waren an ihr auch nicht zu erkennen. Besonders tragisch ist es, da die Amseln in diesem Jahr in beiden Gärten fast keine Kinder durchgebracht haben.
AntwortenLöschenDie Spatzen hingegen haben sich wohl auch wegen der Ganzjahresfütterung in diesem Sommer zu einer kleinen Großfamilie entwickelt. Aber im Vergleich zu meinen Kindheitserinnerungen sind es immer noch recht wenige
Bewundernswert, wie Du Dich um den kleinen Kerl kümmerst!
LG Silke