Meine Kleine (9) bekam eine Woche vor dem ersten Advent einen tollen Arbeitsauftrag von ihrem Lehrer. Sie sollte vier Weihnachtswörter nehmen, Reimwörter dazu finden und daraus ein Gedicht machen. Ihre vier Wörter waren: Kerzen, Licht, Stall und Engel.
Geplant war in der Schule ein Adventskalender.
Jedes Kind musste dafür ein weihnachtliches Gedicht schreiben. Diese Verse wurden in eine Schachtel im Klassenzimmer eingeworfen. Der Lehrer wollte in der Adventszeit jeden Tag ein Gedicht aus der Schachtel ziehen und es der Klasse vorlesen. Das Kind, welches sein Gedicht hörte, durfte an diesem Tag das Türchen des Adventskalenders öffnen. Alle fanden die Idee toll, erzählte mir die Kleine.
Ich war gespannt auf das Ergebnis.
Weihnachten, Zeit der Besinnung, der Stille und Freude. Was würde sie wohl zu Papier bringen?
Wer meine Kleine kennt, weiß um das Blitzen und den Schalk in ihren Augen, wenn sie wieder einmal einen ihrer Geistesblitze hat. Sie hatte Freude an der Aufgabe, das war deutlich sichtbar.
Es dauerte nicht lange. Breit grinsend stellte sie sich vor mich. Mit diebischem Vergnügen und sichtbarer Vorfreude rückte sie sich in Position, wurde dabei mindestens einen Zentimeter größer, holte tief Luft und schmetterte mir entgegen:
Unerwartet
Die Kerzen kommen von Herzen.
Sie machen Licht und geben Sicht.
In einem Stall war es der Fall,
In der Krippe, in Bethlehems Stall,
ertönt aus der Windel ein Donnerknall.
Vom Dach stürzen erschreckt die Engel
da lachte Jesus, der kleine Bengel.
Die Kleine
"Kleine!"
"Was ist? Hausaufgabe erledigt!"
"Aber..."
"MAMA! Vier Weihnachtswörter, vier Reimwörter, ein Gedicht! Aufgabe erledigt!
Zu gerne wäre ich ab und an eine Maus im Klassenzimmer!